© Gabriele Mayr
Mit seinem Hund auf Berge zu gehen ist eine feine Sache! Und zwar dann, wenn sowohl Hund als auch Mensch die richtigen Voraussetzungen dafür erfüllen. Deshalb ist das Berggehen mit Hund für mich nicht als „Hundesport“ anzusehen sondern als gemeinsames Teilen eines Hobbies das beiden Spaß machen soll.
Damit dieses Hobby sowohl für den Menschen als auch für den Hund ein Genuss ist, gilt es einige Kriterien zu beachten. Ich beschränke mich hier auf die Kriterien die wichtig sind in Bezug auf den Hund, denn ich gehe nicht davon aus, dass ein lungenkranker, beinamputierter 80jähriger Mensch auf die Idee kommt den Mt. Everest ohne Sauerstoffgerät aus eigener Kraft besteigen zu wollen. Auch wenn dieses Beispiel provokant übertrieben klingt, von unseren Hunden verlangen wir, wenn wir unser Handeln nicht bewusst hinterfragen, manches mal Dinge die von diesem Beispiel nicht so weit entfernt sind.
Die Ursache dafür liegt meiner Erfahrung nach oft darin, dass wir „Bergler“
selbst oft schon allein bei der Vorstellung mal wieder dem schnöden Alltag zu entfliehen und die Bergwelt zu genießen adrenalindurchflossen geistig losstapfen. Fokussiert auf das eigene herrliche Körpergefühl, schon während des Gehens befriedigt durch die Betätigung, der klaren Luft und der wunderschönen Aussicht und unter Umständen auch noch getrieben von einer „höher, schneller, stärker“ – Motivation kann es passieren, dass man vergisst was der 4beinige Freund braucht.
Bevor ich jetzt in Verdacht gerate jemandem das Berggehen madig schreiben zu wollen – nein, das will ich nicht! Im Gegenteil: ich habe viele wunderbare Wanderungen und sogar den einen oder anderen leichten „Klettersteig“ mit meiner Hündin genossen. Was ich aber natürlich möchte ist, Information zu bieten was bei der Planung einer Bergtour mit Hund zu bedenken ist.
Alter
Natürlich spielt das Alter des Hundes eine Rolle. Ein Welpe hat nur dann etwas am Berg verloren, wenn er mit der Seilbahn dorthin gelangt. Erst wenn das Wachstum meines Hundes abgeschlossen und sein Skelett gefestigt genug ist, kann ich große Touren mit ihm gehen. Es wird sich ja auch kein seriöser Trainer finden der Gerätesport für zu junge Hunde empfiehlt, einfach weil die Belastung für den Bewegungsapparat zu groß ist.
Auch Senioren müssen keine Riesentouren mehr bewältigen. Aber natürlich haben auch Hunde im fortgeschrittenen Alter immer noch Freude an der Natur in den Bergen. Seien Sie deshalb einfach wachsam und beobachten Sie Ihren Hund gut, damit Sie die richtige Weglänge und den richtigen Schwierigkeitsgrad wählen können.
Gesundheit
Nicht nur das Alter sondern auch die Gesundheit Ihres Hundes ist bei der Wahl der Freizeitbeschäftigung wichtig. Dass ich meinem akut erkrankten Hund keine Bergtour zumute ist klar. Aber es gibt auch kleine, im Alltag gar nicht so auffallende Einschränkungen wie z.B. ein Ziepen in einem Gelenk, mit fortschreitendem Alter eventuell eine Einschränkung der Sehfähigkeit etc. Diese kleinen Einschränkungen müssen nicht heißen, dass gar keine Wanderung mehr möglich ist, aber die Dosis und die Schwierigkeit muss auch hier den Fähigkeiten des Hundes angepasst werden resp. sollte der Tierarzt hinzugezogen werden (das Ziepen kann z.B. u.U. problemlos von einer Chiropraktikerin behoben werden).
Größe des Hundes
Als ich begonnen habe mit meiner Hündin die Bergwelt zu erforschen, habe ich öfters andere Wanderer oder Hüttenwirte nach der Begehbarkeit von Steigen für Hunde befragt. Schnell musste ich feststellen, dass Nicht-Hunde-Menschen logischerweise diese Schwierigkeiten nicht so einwandfrei auf die Fähigkeiten von Hunden umlegen können. Aber auch Menschen mit Hunden beziehen ihre Einschätzung natürlich auf die Fähigkeiten des eigenen Hundes und diese Fähigkeiten haben auch mit der Größe des Hundes zu tun. So kann eine Herausforderung für einen kleinen Hund nicht die gleiche sein wie für einen großen und umgekehrt. Fragen Sie also genau nach und planen Sie bei schwierigen Passagen auch ein, dass Sie eventuell umkehren und einen anderen Weg wählen müssen.
Höhenangst
Nicht nur Menschen können unter Höhenangst leiden sondern auch Hunde. Überprüfen Sie die Sicherheit Ihres Hundes diesbezüglich bevor Sie sich in ausgesetztes Gelände wagen.
Kondition
Bei der Kondition verhält es sich bei unseren Hunden wie bei uns Menschen. Ein Hund der im normalen Alltag 3x täglich um den Häuserblock geht und am Wochenende mal einen größeren Spaziergang in der Ebene macht wird nicht genug Kondition für eine große Bergtour haben. Bauen Sie die Kondition Ihres Hundes langsam aber stetig auf. Die Wanderung am Berg soll ja keine Gewalttour sein, sondern den Kräften angepasst Spaß machen.
Trittsicherheit
Es ist wichtig die Trittsicherheit des Hundes zu beachten. Habe ich einen Hund der vor lauter Freude und
Überschwang von A nach B zischt und mit einem Salto über C das Spiel wiederholt ohne dabei wahrzunehmen wo sein Körper beginnt und aufhört, werde ich auf sicheren breiten Wegen bleiben. Auch Almböden weitab von absturzgefährdenden Felsabbrüchen sind für solche Hunde geeignet. Schwierigeres Terrain kann für solche Hunde gefährlich werden.
Natürlich kann ich die Trittsicherheit meines Hundes trainieren. Dazu muss ich anfänglich gar nicht auf den Berg. Wenn ich meinen Hund in ungefährlichem Gebiet Erfahrungen sammeln lasse, mache ich den ersten Schritt im Training der Trittsicherheit. Lassen Sie Ihren Hund herausfinden wie er über eine Böschung klettern kann, lassen Sie ihn über liegende Baumstämme balancieren, lassen Sie ihn von erhöhten Plätzen über ihren gebeugten Rücken absteigen, lassen Sie ihn auf einen Felsbrocken klettern…Und all das mit möglichst viel Ruhe und Besonnenheit, so dass Ihr Hund dabei lernt konzentriert eine Pfote vor die andere zu setzen. Auch Bodenarbeit (z.B. nach Linda Tellington Jones) und verschiedene Massagetechniken (so ihr Hund Körperkontakt genießt) fördern das Körpergefühl und bieten somit eine Basis für gute Trittsicherheit.
Jagdtrieb
Alle Trittsicherheit nützt nichts, wenn mein Hund bei Wahrnehmung von Wild nichts mehr hört und sieht, sich selbst und seinen Menschen vergisst und auf Teufel komm raus versucht z.B. eine Gämse zu jagen. Nicht dass ich mir in diesem Fall große Sorgen darüber mache, dass der Hund tatsächlich eine Chance hat eine Gämse zu reißen (die Jäger unter den Lesern mögen mir verzeihen, aber ich weiß wie gewandt Gämsen im Fels sind und ich kenne keinen Hund der an diese Gewandtheit herankommt). Aber zum einen gehört es für mich zum guten Ton Wild nicht unnötig aufzuscheuchen und zu stressen und zum anderen kann ein solches Verhalten ob der Absturzgefahr tödlich für den Hund enden.
Das heißt für mich: ein Hund der jagdlich sehr ambitioniert ist kann leider nur an langer Leine geführt auf breiten Wegen mit uns unterwegs sein. Auf Steigen und in felsigem Gebiet muss ein Hund problemlos ohne Leine gehen können, denn eine uneingeschränkte Bewegungsfreiheit von Hund und Mensch ist in solcher Umgebung für die Sicherheit beider nötig.
Der Vollständigkeit halber muss ich an dieser Stelle allerdings darauf hinweisen, dass nicht alle Jäger meine Meinung bezüglich des Gehens ohne Leine teilen. Deshalb erachte ich es als sinnvoll sich kundig über das regionale Jagdgesetz zu machen und gegebenenfalls auch darüber wie der zuständige Jäger selbiges umsetzt.
Sonne / Hitze
Für uns Menschen ist es klar, dass Sonnenbrille und Sonnenkappl zum Schutz der Augen und vor Sonnenstich mit im Gepäck sind. Beides ist für Hunde eher unangenehm. Deshalb sollten wir auch darauf ein Aug haben und in regelmäßigen Abständen für Schatten und Abkühlung sorgen. Zur Abkühlung eignen sich wunderbar Bergbäche und Bergseen – so vorhanden. Deshalb sollten Sie auch vor der Wanderung abklären wie groß das Angebot an natürlich vorkommendem Wasser ist und im Zweifelsfall genügend Wasser mitnehmen, sowohl zum Trinken als auch für eine Abkühlung. Wenn Sie darauf angewiesen sind ihren Hund mit Wasser aus der Flasche zu kühlen dann beginnen Sie bei den Pfoten und befeuchten Sie ihren Hund langsam von unten nach oben. Ein Schwall kaltes Wasser von oben auf einen erhitzten Körper kann ungute Folgen für den Kreislauf haben.
Hütten
Wenn Sie Übernachtungen auf Hütten planen erfragen Sie vorher telefonisch ob Hunde dort im Zimmer erlaubt sind. Immer mehr Hüttenwirte gestatten das, man kann sich aber natürlich nicht darauf verlassen. In ganz seltenen Fällen ist das Mitnehmen des Hundes auch ins Matratzenlager gestattet. Ich begrüße zwar die Freundlichkeit der Hüttenwirte die dies erlauben, halte es aber für den Hund für nicht entspannend. Ich finde dem Hund gebührt nach einer anstrengenden Tour ein wirklich ruhiger Schlafplatz an dem er auch nicht durch nächtliche fremde WC – Geher die weil nicht gewohnt daran zu denken im Dunkeln über den Hund stolpern, spät ins Matratzenlager taumelnde Schnapsnasen usw. gestört wird.
Fragen Sie auch dezidiert danach ob der Hund mit ins Zimmer darf, denn öfters ist dem Hund zwar die Übernachtung gestattet aber getrennt von seinem Menschen im Schiraum oder im Zwinger außerhalb der Hütte. Für keinen Hund ist es angenehm an einem völlig fremden Ort von seinem Menschen alleingelassen zu werden. Für die meisten Hunde löst eine solche Situation jede Menge Stress aus. Für mich ist das keine Option. Deshalb plane ich mehrtägige Bergtouren so, dass ich auf jeden Fall in Hütten nächtige in denen Hunde im Zimmer erlaubt sind.
Kühe
Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen gefährlicher Art zwischen Kühen und Hunden. Lassen Sie deshalb Ihren Hund nicht bellend auf Kühe zulaufen, machen Sie lieber einen respektvollen Bogen um weidende Kühe und vergrößern Sie Ihre Vorsicht wenn Sie Mutterkühe mit ihren Kälbern antreffen. Im Zweifelsfall sind Kühe stärker als Sie und Ihr Hund und schneller als Sie. Ich selbst erlebe es als hilfreich zu nah kommende Kühe mit einem Stock in der Hand zu vertreiben – aber auch dabei achte ich auf Abstand, denn ich möchte ja nicht mit der Kuh kämpfen sondern sie nur auf Distanz halten.
Klettersteige
Um zum Thema Klettersteige verständlich Stellung nehmen zu können, muss zuerst geklärt werden was ich darunter verstehe. Wenn ich von Klettersteigen rede meine ich Steige die durchaus ausgesetzt im Fels verlaufen und in Beschreibungen für Bergwanderer als Klettersteige beschrieben sind. Klettersteige die in hochalpinen Tourenbeschreibungen wie z.B. von Ingrid Pilz vorkommen sind zum allergrößten Teil für Hunde nicht begehbar da hier die Betonung auf „Kletter“ und nicht auf „Steig“ liegt.
Um die Begehbarkeit für Hunde abzuschätzen, ist es auch nötig die Angabe des Schwierigkeitsgrades zu durchleuchten. Nicht nur verschiedene Autoren bewerten verschieden. Es ist auch mit zu bedenken, dass die Schwierigkeitsgrade für Menschen definiert sind. D.h. ein als leicht bezeichneter Steig ist unter Umständen für Menschen leicht weil schwierige Stellen mit Leitern ausgestattet sind. Die wenigsten Hunde können Leitern bewältigen und manche Leitern sind selbst für geübte Bergrettungshunde unüberwindbar und somit ist eben ein solcher als leicht ausgezeichneter Steig für Hunde nicht begehbar.
Hüten Sie sich vor allzu großem Ehrgeiz! Wenn Ihr Hund eine Stelle im Steig nicht überwinden kann oder möchte drehen Sie besser um. Denn über die Grenzen der eigenen Vorsicht getrieben zu werden macht unsicher und damit steigt das Verletzungsrisiko. Außerdem macht es keinen Spaß Angst haben zu müssen und unter Umständen verleiden Sie Ihrem Hund die Freude am Berggehen wenn er Schwierigkeiten bewältigen muss die eine Schuhnummer zu groß für ihn sind. Steinschlaggefährdete Steige die Sie selbst nicht ohne Helm begehen würden sind Ihrem Hund natürlich auch nicht zuzumuten.
Sinnvoll erachte ich beim Begehen von Steigen ein gut sitzendes breites fest verschlossenes Brustgeschirr für Ihren Hund das weder drücken noch scheuern darf. Im Handel für Bergrettungs-, Militär- und Polizeihundebedarf finden sich entsprechende Geschirre. Über heikle Stellen kann so Ihr Hund von Ihnen gut begleitet und gesichert werden. Achten Sie dabei auch auf Ihre eigenen Fähigkeiten, denn nur wenn Sie selbst sicher genug dafür sind hat Ihr Hund die Chance Ihre Hilfe gelassen anzunehmen.
Erste Hilfe
Selbstverständlich gehört in Ihren Rucksack nicht nur erste Hilfe Equipment für Sie sondern auch für Ihren Hund. Die wichtigsten Dinge können durchaus sowohl für 2 als auch für 4 Beiner verwendet werden. Desinfektionsmittel, Verband, Aludecke, Schmerzmittel (hier fragen Sie Ihren Tierarzt), Traumeel – Tabletten für Verstauchungen und Zerrungen und Bachblüten Notfalltropfen sollten in Ihrem Rucksack nicht fehlen.
Danach
Nach einer Bergtour braucht Ihr Hund vor allem: Erholung und gutes hochwertiges Futter.
Natürlich sollte Ihr Hund auch während der Tour eine kleine Jause bekommen und bei mehrtägigen Touren ist die Ruhe am Abend und ein energiereiches Frühstück und Abendessen selbstverständlich.
Zusätzliche Aktivitäten wie Ballspiele o.ä. sind dabei natürlich nicht angesagt. Haben Sie nach einer Bergtour den Eindruck, dass Ihr Hund „immer noch nicht müde“ ist, dann liegt das wahrscheinlich daran, dass die Tour zu lang und / oder zu schwierig war. Das kann zur Folge haben, dass ihr Hund übermäßig viel Adrenalin produziert und er deshalb hibbelig ist.
Das Futter Ihres Hundes kann bei größerer körperlicher Anstrengung durchaus kohlenhydratreicher sein als sonst. Auch Fett liefert Energie. Ein Rettungshundeführer gab mir einmal den Tipp Grammeln mit auf den Berg zu nehmen. Natürlich nicht als Alleinfutter, aber als zusätzlicher Energielieferant der für den Menschen nicht schwer zu tragen ist, klingt das für mich sinnvoll.
Zusammenfassend steht für mich fest: Wenn ich eine Bergtour dem Wesen und dem Können meines Hundes anpasse und natürlich auch meine eigenen Fähigkeiten richtig einschätze, steht einem großartigen gemeinsamen Naturerlebnis nichts im Weg.
Somit wünsche ich allen die auch mal gern das Tal verlassen, wunderbare Erlebnisse in der Bergwelt!